Warum in Archiven ein Brandrisiko schlummert und alte Filmrollen dem Sprengstoffgesetz unterliegen
In der vergangenen Woche kam es zu einem Feuer im Filmarchiv auf Schloss Wilhelmshöhe in Kassel. 70 Jahre alte Filmrollen waren in Brand geraten. Die Brandgefahr schlummert in zahlreichen Archiven und ist – anders als berichtet – keinesfalls dem Sommerwetter geschuldet, sondern dem Material: Zelluloid.
Noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts bestanden nahezu alle Filme aus Zelluloid. Dieses Material hat es allerdings in sich, wie zahlreiche, zum Teil verheerende Brände in Filmtheatern und -archiven zeigen sollten: Zelluloid besteht vor allem aus Cellulosenitrat, das bei Schlag, Reibung oder Erwärmung explosionsartig in Flammen aufgeht. Darum unterliegen Zelluloidfilme dem Sprengstoffgesetz. Mehr noch: Zelluloid neigt zur Selbstentzündung, und diese Eigenschaft verstärkt sich im Laufe der Zeit, weil sich das Material allmählig zersetzt.
Der Zersetzungsprozess läuft auf jeden Fall ab; Wärme beschleunigt ihn nur. Im letzten Stadium, in dem Wärme freigesetzt wird, entzündet sich eine Filmrolle schon bei Raumtemperatur.
Museen und jeder, der alte Filmschätze im Keller hütet, sollte sich an unseren obersten Archivaren orientieren: Das Bundesarchiv hütet seine cineastischen Schätze in Hoppegartenbei Berlin unter ständiger Belüftung bei 6 °C und 50 % relativer Luftfeuchte. Auch im Bundesarchiv hat man vor der Einführung dieser Sicherheitsmaßnahmen leidvoller Erfahrung gesammelt. Im Januar 1988 flogen die Klappläden und Fensterflügel des Filmlagers auf der Festung Ehrenbreitstein in Koblenz auf, und eine zwölf Meter hohe Flamme schoss aus dem damaligen Filmarchiv. Glücklicherweise hatte man einen Großteil der eingelagerten Filme bereits kopiert, so dass immerhin der kulturelle Schaden nicht zu groß war.
Die Brandgefahr wird übrigens nicht gebannt, indem man die Filmrollen luftdicht aufbewahrt. Im Gegenteil: Wenn die bei der Zersetzung entstehenden Gase und die Wärme nicht entweichen können, beschleunigt sich der Prozess.