Wohnungsbauzahlen sinken deutlich
Der Verband bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW Bayern) stellt bei seiner Jahrespressekonferenz die Leistungsbilanz der 505 sozial orientierten Mitgliedsunternehmen vor. Die Geschäftszahlen 2024 wirken zunächst stabil: Die Gesamtinvestitionen sind leicht auf 2,6 Mrd. Euro gestiegen. Doch der Neubau ist 2024 um ein Fünftel auf 3.566 Wohnungen zurückgegangen. Beim geförderten Wohnungsbau zeigt sich der Einbruch noch deutlicher. Mit 1.822 geförderten Wohnungen liegt der Rückgang bei 42 Prozent. „Die Lage ist ernst“, sagt Verbandsdirektor Hans Maier. Denn für das Jahr 2025 werden keine neuen Anträge mehr bewilligt. Der Förderstopp betrifft rund 4.950 geplante Neubauwohnungen und 1.280 Wohnungen, die modernisier werden müssen.
Die Mitgliedsunternehmen investierten im Jahr 2024 insgesamt 2,6 Mrd. Euro – ein Plus von 2,1 Prozent. In den Neubau flossen 1,6 Mrd. Euro (-1,8 %), in Modernisierungen 386 Mio. Euro (-4,9 %) und in die Instandhaltung 681 Mio. Euro (+18,3 %). Die nahezu gleichbleibenden Investitionen konnten den Rückgang beim Wohnungsbau nicht aufhalten. Die Baukrise hat im Jahr 2024 endgültig auch die Wohnungswirtschaft in Bayern erreicht. Zeigte sich nach rund zehn Jahren eines nahezu ununterbrochenen Anstiegs bei den Fertigstellungen im Jahr 2023 erstmals wieder ein moderater Rückgang um rund 10 Prozent, so stürzten die Fertigstellungen im Jahr 2024 regelrecht ab. Der Wohnungsneubau ging um ganze 21% zurück und fiel von 4.300 Wohnungen im Jahr 2023 auf nur noch 3.566 Wohnungen in 2024 ab.
Überraschender Förderstopp und fehlende Perspektive
„Besonders dramatisch ist die Lage beim geförderten Wohnungsbau“, kritisiert Maier. Der Förderstopp zu Jahresbeginn 2025 kam für viele Unternehmen überraschend. Hintergrund ist eine massive Überzeichnung der Fördermittel im Jahr 2024: Auf 700 Mio. Euro für die Einkommensorientierte Förderung (EOF) kamen Anträge über 1,9 Mrd. Euro. Wegen dieses Antragsstaus wird 2025 keine neue Förderung mehr bewilligt – auch für 2026 fehlt die Planungssicherheit. Das wirkt sich vor allem auf Unternehmen aus, die sich bereits mit städtebaulichen Verträgen verpflichtet haben. Leidtragende sind auch junge Wohnungsgenossenschaften, bei denen die Finanzierung der ersten Bauprojekte nun ungewiss ist. „Der Vertrauensverlust ist riesig“, sagt Maier.
Umfrage: Auswirkungen des Förderstopps
Der Förderstopp betrifft aktuell über 90 Verbandsmitglieder. Betroffen sind rund 4.950 Wohnungen in Neubauprojekten und 1.280 Wohnungen in Modernisierungsmaßnahmen. Das ergab eine Mitgliederbefragung des Verbands. Besonders kritisch: Für den Neubau von 2.318 Neubauwohnungen und die Modernisierung von 247 Wohnungen wurde die Bewilligung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn bereits von den Behörden erteilt – ohne, dass nun die Fördermittel bereitgestellt werden. Dadurch werden die betroffenen Unternehmen in teure Zwischenfinanzierungen gedrängt. „Wir brauchen übergangsweise mehr Geld im System“, fordert der Verbandsdirektor. Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung sieht zwar eine deutliche Erhöhung der Investitionen in den sozialen Wohnungsbau vor. Allerdings werden noch keine konkreten Zahlen genannt. „In der aktuellen Situation bräuchten wir allein in Bayern 800 Mio. Euro zusätzlich“, rechnet Maier vor.
Forderung nach längeren Belegungsbindungen
Die Ursache für die deutliche Überzeichnung der Wohnraumfördermittel liegt für den Verband vor allem an der stark wachsenden Nachfrage aus der Privatwirtschaft. „Es kann nicht sein, dass Wohnraumfördermittel in der Baukrise zu Rettungskapital werden“, kritisiert der Verbandsdirektor. Denn das hat nichts mit einer nachhaltigen Bewirtschaftung zu tun. „Bei der sozial orientierten Wohnungswirtschaft bleiben die geförderten Wohnungen nach Bindungsablauf im Bestand und werden weiterhin zu fairen Preisen vermietet“, erklärt Maier. Andere Bundesländer hätten zwar auch mit knappen Fördermitteln zu kämpfen, aber einen kompletten Stopp scheint es nur in Bayern zu geben.
Ein Ausweg ist für den Verband die Änderung der Wohnraumförderbestimmungen. Diese sehen aktuell Belegungsbindungen von 25, 40 oder 55 Jahren vor. Die aktuell kürzeste Bindungslaufzeit von 25 Jahren sollte gestrichen werden. „Bei längeren Laufzeiten bleiben die Mieten länger bezahlbar“, erklärt Maier.
Baukrise offenbart strukturelle Schwächen
Der Ansturm auf die Fördermittel zeige, wie sehr die Baukrise den Wohnungsmarkt im Griff hat. Aus Sicht des VdW Bayern müssen die Rahmenbedingungen wieder so gestaltet werden, dass der Wohnungsbau in allen Marktsegmenten möglich ist. „Alle drei Säulen des Wohnungsbaus müssen wieder funktionieren: Der geförderte Mietwohnungsbau, der freifinanzierte Mietwohnungsbau und der Eigentumswohnungsbau“, sagt der Verbandsdirektor.
Neben steuerlichen Anreizen für den privaten Wohnungsbau hat der Verband vor allem die Baukosten im Fokus. Einen wichtigen Baustein für günstigeres Bauen hat der Bayerische Landtag letztes Jahr mit dem Ersten und Zweiten Modernisierungsgesetz beschlossen. Darin enthalten sind zentrale Forderungen der Wohnungswirtschaft wie Erleichterungen bei der Stellplatzpflicht, der Aufstockung von Gebäuden und die Beschleunigung der Bauverfahren.
Im Fokus der Wohnungswirtschaft steht weiterhin das Vorgehen gegen Vorschriften und Normen, die Bauen teuer machen. Mit dem Gebäudetyp E sowie dem seriellen und modularem Bauen gibt es gute Ansätze der Wohnungswirtschaft. Die von der neuen Bundesregierung geplante Wiedereinführung der Förderfähigkeit des EH-55-Standards beim Neubau, der angekündigten Bau-Turbo und die Überarbeitung des Baugesetzbuchs sind für den Verband ein Schritt in die richtige Richtung.
7,23 Euro pro Quadratmeter – Stabilisator am Wohnungsmarkt
Die sozial orientierten Wohnungsunternehmen sind ein stabilisierender Faktor am bayerischen Wohnungsmarkt. Ihre Durchschnittsmiete liegt bei 7,23 Euro pro Quadratmeter. „Viele Menschen sind auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen“, sagt Maier. Gerade in den Städten wäre das Leben für viele Haushalte ohne die Angebote der Mitgliedsunternehmen nicht bezahlbar. Deshalb brauche es wieder verlässliche Rahmenbedingungen für den sozialen Wohnungsbau – auch als sozialpolitisches Signal in einem Bundesland mit wachsender Bevölkerung.